13.4. Erika Grese

                     
Das Bügelbrett

Wenn meine Schwester und ich abends, noch lange vor dem Einschlafen,  kichernd und tuschelnd in unseren Betten lagen, dachten wir uns Geschichten aus, bis unsere Mutter schimpfend ins Zimmer kam und uns ermahnte, endlich zu schlafen.
Wir jedoch machten weiter. Unsere Phantasie kannte keine Grenzen und wir übertrumpften uns gegenseitig mit skurrilen Einfällen, die oftmals reale Personen aus dem Leben parodierten.
Nicht ganz unschuldig daran war mein Vater, der gerne seine kleinen bissigen Bemerkungen fallen ließ, die uns Kindern natürlich nicht entgingen, sofort aufgeschnappt und in unseren Bettgeschichten verarbeitet wurden.
Nichtachtend aller Ermahnungen alberten wir unter der Bettdecke so lange weiter, bis unsere Mutter erneut durch den Türspalt schimpfte, dass wir endlich Ruhe geben sollten und drohend hinzufügte, dass sie ansonsten andere Maßnahmen ergreifen müsse. 
Wir jedoch, taub für diese Ermahnung, verkrochen uns noch tiefer unter unser Plumeau und spannen unsere Bettgeschichten weiter aus, bis Mutter mit einem langen Bügelbrett ins Zimmer kam und es mit einem einzigen vehementen Stoß zwischen uns in die Besucherritze rammte. 
Das fast bettlange Bügelbrett - weich bezogen mit Flanell auf der einen und hart und holzig auf der anderen Seite - gab sofort Anlass zu einem neidvollen Disput zwischen meiner Schwester und mir. Natürlich wollte jede von uns neben der flanellweichen Seite des Brettes liegen und meine Schwester war die Bevorzugte. Durch den Geräuschpegel erneut gestört, kam meine Mutter herbeigeeilt und drehte das Brett kurzerhand um, damit ich, die Kleine , endlich Ruhe gab. 
Zufrieden lag ich nun auf meiner Kuschelseite, während meine Schwester, grollend ob der Ungerechtigkeit, versuchte, mich zu bestrafen. 
Mit verstellter Stimme hielt sie auf ihrer Seite Zwiegespräche mit imaginären Zwergen, die versteckt in den hölzernen Einbuchtungen des Bügelbrettes lebten. Mittels Wichtelstimmchen ließ sie die Kobolde auf der verwinkelten, harten Holzseite verlautbaren, was sie dort so alles trieben. 
Sie stieß leise „Ah’s“ und „Oh’s“ aus und ich platze vor Neugier.
Es musste etwas Besonderes, Geheimnisvolles sein, was meine Schwester dort, auf der harten 
Rückseite des Bügelbrettes erlebte, derweil ich mich gegenüber schwarz ärgerte, weil sie mich nicht daran teilhaben lies.
Während sich meine Schwester immer weiter in ihre kreativen Zwergengeschichten steigerte und mich dabei bewusst „außen vor“ - dem Bügelbrett - ließ, heulte ich mich wütend in den Schlaf.